Samstag, 16. Juni 2012

Das Verlierer-Team der Dekade im Aufwind?

In diesen Tagen, so scheint es, ist das Tabu-Wort „rebuilding“. Nichts wird unversucht gelassen, um das Wort zu vermeiden oder euphemistisch zu umschreiben. Doch leider erfolglos. Wenn Cortland Finnegan, der vor kurzem von den Tennessee Titans zu den St. Louis Rams gewechselt ist, behauptet seine Mannschaft ist nicht im Umbau, sondern im „remodeling“-Prozess, dann glaubt ihm das keiner.  Die Rams hatten keine „winning-season“ mehr seit 2003. Wenn die nächste Saison so verläuft, wie alle erwarten, dann hätten das Team aus Missouri in einer Dekade mehr Spiele verloren als gewonnen. Eine traurige Bilanz.

Snead angelt sich Fisher
Doch allen gescheiterten „remodeling“- oder „rebuilding“-Versuchen zum Trotz haben die Rams eine jungen „General Manager“ gefunden, der die Herausforderung annimmt und gute Chancen hat, die Spielkultur zum Guten zu ändern. Les Snead, der zuvor 13 Jahre bei den Atlanta Falcons gearbeitet hatte, konnte Jeff Fisher als Cheftrainer unter Vertrag bringen. Fisher, der nie einen Superbowl gewann, geschweige den je ein Team erfolgreich durch die Playoff  gebracht zu haben – abgesehen von einem Superbowl Auftritt im Jahr 1999 (142-120-0 reguläre Saison; 5-6 Playoffs) – ist alles anderes als ein siegbringender Trainer. Aber, und das war den Verantwortlichen der Rams wichtiger, Jeff Fisher bringt Konstanz und einen unermesslichen Erfahrungsschatz mit sich.
Die Verpflichtung des ehemaligen New Orleans Saints Defense Koordinator Gregg Williams wurde am Anfang des Jahres noch als Coup gesehen. Nun mit der berechtigten Suspendierung auf Grund des Bounty Skandals bleibt die Position vakant und die Besetzung ungewiss.
Les Snead konnte trotz aller Startschwierigkeiten dem Team seinen Stempel aufdrücken. Rich Eisen, das Gesicht von NFL Network, meinte, wohl gemerkt in überspitzer Form, Snead solle sich zu Ruhe setzen auf dem Gipfel seines Erfolges. St. Louis hat den zweiten Pick im 2012 Draft an die Washington Redskins getraded, die damit Robert Griffin III gedraftet haben. Die Rams haben im Tausch sechs Picks bekommen, davon jeweils ein Erst-Runden-Pick im 2013er und 2014er Draft. Ein wahrlich gutes Geschäft für Snead. Denn die Rams haben, im Gegensatz zu den Redskins einen Quaterback und brauchen mehr Qualität auf allen Positionen – etwas was wahrscheinlich mit Draft und Offseason gelang.



viel Potential viel Risiko
Leider konnten die Rams eines der größten Löcher nicht angemessen füllen. Ihren sechsten Pick in der ersten Runde haben sie weiter getauscht um einen zusätzlichen Pick in der zweiten Runden zu bekommen. Doch wie wir in unserem Mock Draft bereits argumentiert haben, hätten die Rams lieber in der Top 10 bleiben sollen um einen von den beiden Star-Receivern zu draften. Die Rams haben gepokert und hatten gehofft, dass Michael Flyod an Stelle 14 in ihren Schoß fällt, doch die Arizona Cardinals kam ihnen zuvor. Nun müssen sie mit Brain Quick Vorlieb nehmen, den sie mit dem ersten Pick in der zweiten Runde gedraften haben. Quick ist mit seinen 4.55 Sek. (beim 40yard-Lauf), seinen 1,93 m und 100 kg körperlich gesegnet und könnte in Zukunft den Unterschied machen. Doch was diesem athletischen Fänger fehlt, ist Erfahrung und die Trainer in St. Louis müssen sich in Geduld üben und ihn gut anlernen. Nicht umsonst sagen viele Experten, dass die Widereceiver Position, neben der Quaterback-Position, die am schwierigsten zu lernen ist.
Ebenfalls in der zweiten Runde haben sich die Rams die Recht an Janoris Jenkins gesichert, CB von North Alabama. Jenkins hatte Talent für die erste Runde, allein seine Auffälligkeiten neben dem Platz brachten ihn in die zweite Runde. Zweimal ist er nach einer Prügelei festgenommen worden, beim ersten Mal musste die Polizei einen Elektroschocker einsetzen. Zwei weitere Male wurde er wegen illegalem Gebrauch von Marihuana verhaftet. Der Pick ist sicherlich risikoreich, aber wenn Jenkins auf der richtigen Bahn ist und sich auf Football konzentriert, könnten die Rams mit Cortland Finnegan auf der einen Seiten und mit Janoris Jenkins auf der anderen Seite, einschlägige Verstärkung in der Verteidigung bekommen haben. Von den acht weiteren Picks, die die Rams beim Draft hatten, sticht der Michael-Brockers-Pick in der ersten Runde und die Running-Back-Picks in der zweiten und siebten Runde. Brookers ist mit seinen 146 kg und unnatürlichen Schnelligkeit ebenfalls ein athletischer Spieler. Doch ähnlich wie bei Quick, verlässt sich Brockers zu sehr auf seine körperlichen Gegebenheiten. Es muss an seiner Technik arbeiten um in der NFL erfolgreich zu spielen. Die beiden RBs Isaiah Pead und Daryl Richardson, besonders Pead werden das Running-Game hinter Steven Jackson erheblich aufwerten und dem jungen Sam Bradford ein wenig die Last von den Schultern nehmen.

Die Rams haben ihre Chancen genutzt und eine Vielzahl an talentierten Spielern gedraftet. Auch in den kommenden Drafts sind sie gut aufgestellt. Es bleibt aber zu hoffen ob die Potentiale der jungen Männer ausgeschöpft werden. Es wäre zu hoffen, wenn die Rams eines Jahres mal nicht mehr im „rebuilding“-Modus wären.

mh