Freitag, 27. Januar 2012

Peyton Manning und die Frage, wie mans richtig macht

Die Footballsaison in den USA ist noch nicht mal richtig vorbei, da wird von den Teams schon wieder alles getan, um nächstes Jahr noch besser dazustehen. Und wenn jetzt jemand denkt, die Spieler fangen schon wieder zu trainieren, weit gefehlt. Die Elitespieler der Liga schaukeln sich grad so einiges beim ProBowl in Hawaii und der Rest wird fröhlich seine Ferien genießen. Doch in den Büros der General Manager (GM) und Teambesitzer geht es jetzt erst richtig los.
Sie müssen die abgelaufene Saison besprechen, evaluieren und dann zur Tat schreiten. Und das machen sie auch ordentlich. Sechs Trainer wurden bisher Liga-weit ausgetauscht und selbst einige GMs mussten ihre Hüte nehmen.
Doch wenn ein Verein erst mal damit fertig ist, geht’s ans richtig Eingemachte: Welche Spieler sollen jetzt nun im nächsten Jahr die Siege einfahren?
Jeder Coach, GM oder Teambesitzer hat da seine Vorstellungen und einige Spieler werden sich wohl neue Arbeitgeber suchen müssen, auch altgediente Star-Spieler werden darunter sein. Prominentestes Beispiel in dieser Saison: Peyton Manning, 4-maliger MVP der Liga und zukünftiger Hall of Fame Quarterback der Extraklasse.
Er leidet immer noch an einer Nackenverletzung, die ihn die ganze Saison ausfallen ließ, wird bald 36 und sein Arbeitgeber, die Indianapolis Colts überlegen gerade mächtig, ob sie den Vertrag mit ihm verlängern – bis Anfang März müssen sie dabei entscheiden, ob sie die Option ziehen und somit stolze 26 Millionen Dollar an Manning auszahlen. Zugegeben eine schwierige Entscheidung.
Gerade Starspieler in der NFL haben oft eine sehr lange Bindung zu ihrem jeweiligen Verein. Sie werden als „face of the franchise“ vermarktet und um sie ein Team aufgebaut. Oft sind die Quarterbacks diese zentralen Spieler, aber wir reden hier nicht über irgendeinen Quarterback, sondern von Peyton Manning! Seitdem die Colts ihn 1998 gedraftet haben, ist ER der Verein. Bevor er Starting-QB wurde, lieferte der Verein eine schlechte Saison nach der anderen ab. Mit ihm: Playoff-Teilnahmen in 11 von 13 Saisons und ein glorreicher SuperBowl-Sieg 2006. Lustigerweise unterteilt der Wikipedia-Artikel die Zeit der Colts in: vor Mannings Ankunft und danach… Unfassbar, was dieser Mann für den Verein getan hat. Durch die Erfolge des Teams vergrößerte sich nicht nur die Fanschar, es blieb sogar soviel übrig auch noch ein neues Stadion zu bauen.
Die Colts ohne Peyton Manning, das geht gar nicht. Wer noch einen Beweis dafür braucht, schaue sich die letzte Saison an: Nach 10 Siegen in 2010 erreichten die Mannen ohne Manning als QB lächerliche 2 Siege in der Saison 2011, das schlechteste Team der Liga. Zwischenzeitlich schlugen ihn einige sogar als wertvollsten Spieler vor, ohne dass er je einen Ball geworfen hätte. Die Klasse Mannings, auch als quasi-Offensivkoordinator und Mentor vieler Spieler, fehlte einfach.
Und dieser Mann soll jetzt einfach entlassen werden, wie NFL Network Experte Jason La Canfora schon munkelt??? Das wäre so, als wenn der HSV (im Fußball) irgendwann Uwe Seeler vor die Tür gesetzt hätte.
Alles schwer zu glauben, aber so wird es wahrscheinlich kommen. Begründet wird das alles mit der Veränderung, welche die neuen Team-Oberen ins Team bringen wollen, und da seien solche älteren (und teuren) Spieler schon mal im Weg. (bei den Colts werden auch Manning-treue Mitspieler wie Jeff Saturday oder Reggie Wayne in Frage gestellt)
Darf bzw. sollte man mit diesen verdienstvollen Spielern so umspringen? Zumindest fragwürdig ist das schon ein wenig. Natürlich muss sich was ändern im schlechtesten Team der Liga und mit dem primären Auswahlrecht im Draft der besten Collegespieler im April hat man beste Gelegenheiten gute junge Spieler an Land zu ziehen. Viele tippen darauf, dass die Colts Andrew Luck als Quarterback verpflichten – als Ersatz für Manning? Wohl kaum, aber zumindest „the face of the Franchise“ über die nächsten Jahre. Bei Peyton hat es auch mal so angefangen, aber trotzdem ist sowas riskant, wie so viele andere Beispiele aus der Geschichte zeigen. Rookies sind halt nun mal oft unerfahren und müssen sich erst beweisen. Warum also nicht das derzeitige „Gesicht“ des Vereins behalten, den jungen Nachwuchs-QB lernen lassen und den bestimmt auch als Coach brillanten Manning noch weiter behalten??
Klingt gut, oder ist das einfach zu romantisch gedacht? Football ist nun mal ein Geschäft und kein Verein kann es sich leisten, altgediente Spieler einfach so aus Sympathiezwecken zu behalten, gerade nicht bei den Summen, die diese Spieler dann meistens verdienen. Also muss wohl oder übel der Schnitt her.
Auch bei anderen Vereinen läuft das so, oder es ist sich immer halbwegs gut ausgegangen mit den Franchise-Playern und die Entscheidungen waren nicht immer so haarig wir bei Peyton Manning jetzt.
Zum Beispiel beim noch amtierenden Meister aus Green Bay. Dort war die Gemengelage ähnlich. Brett Favre kam 1992 zum Team und führte es aus dem Tal zu mehreren Titeln und einem Superbowl, aber als das Ende der Karriere näher rückte, bereitete man sich in Green Bay schon relativ früh auf die Zeit nach Favre vor: 2005 draftete man den hoch-veranlagten QB Aaron Rodgers und ließ ihn 3 Jahre hinter Favre lernen. Als dieser dann zurücktrat, war das zukünftige „Gesicht“ des Vereins schon längst klar. Gute Strategie, ne? Vor allen Dingen, wenn Rodgers einen zum Super Bowl führt und dieses Jahr höchstwahrscheinlich der MVP der Liga wird.
Scheint man also alles richtig gemacht zu haben, oder? Früh auf junge Spieler setzen, sie heranführen und langsam alte Spieler ersetzen lassen. Klingt doch nach einem super, nahezu sozial-verträglichen Modell…, fast schon idyllisch.
Najaaa, so gut läuft das auch wieder nicht! davon mal abgesehen, dass es beim Wechsel von Favre zu Rodgers erhebliche Missstimmungen bei Favre und verständnislose Fanreaktionen gab, ist und bleibt American Football ein Geschäft. Just in Green Bay, wo alles so scheinbar gut geplant ist, steht 2012 ebenso eine schwierige Entscheidung an: Donald Driver, geliebter Wide Receiver und Dienstältester im Team, kriegt ein wenig zu viel Geld, junge Spieler rücken (wie vorbereitet) nach, aber er hat noch 2 Jahre Vertrag und will sogar noch bis 40 spielen – derzeitiges Alter: bald 37… wie Peyton Manning.
Die „Alten“ wollen einfach nicht weg!!! Und die jungen Talente sollen endlich von der Leine gelassen werden… Tja, was soll man da machen als Teammanager? Hart bleiben und strikt seinen Plan verfolgen?
So gefühlskalt sind dann aber doch die meisten im Geschäft nicht. Am Ende werden Verträge und Zahlungen neu ausgehandelt oder wenn nichts anderes geht, die Spieler zumindest ehrenhaft woanders hingeschickt, auch wenn es zunächst weh tut, vor allen für die Fans.
Doch selbst wenn man sich von altgedienten Spielern trennen muss, am Ende, am Ende kommen sie doch wieder zurück! Spätestens wenn ihre Trikots in die Hall of Fame aufgenommen werden sollen, so wie bestimmt bald mit Brett Favre in Green Bay…, hach ja, rührend dieses Geschäft, wa? ;)

ms

1 Kommentar:

  1. Hey!
    Großes Lob, sehr geiler Blog, den ich leider jetzt erst entdeckt habe :-(
    Als Colts Fan gefällt mir dieser Artikel natürlich besonders.
    Also macht weiter so, ich werde jetzt regelmäßig vorbeischauen :-)
    Gruß

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